Die „Medium Combustion Plants Directive“ (MCPD) und ihre Auswirkungen auf Prozesswärmeanlagen

Artikel geschrieben von

Achim Schwarz

Achim Schwarz

Sales Engineer

Ihr Unternehmen betreibt in der EU Prozesswärmeanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von bis zu 50 MW? Dann sei Ihnen die Lektüre dieses Artikels angeraten, denn nicht weniger als der legale Weiterbetrieb Ihrer Anlage steht auf dem Spiel!

Die „Medium Combustion Plants Directive“ (MCPD) der EU trat Ende 2018 in Kraft und gibt Mindeststandards für Abgasemissionen von Feuerungsanlagen zwischen 1 und 50 MW vor, sowohl für neue als auch bestehende Anlagen.

Sie wurde von den einzelnen Mitgliedsstaaten in nationales Recht überführt, wobei die Grenzwerte insbesondere in Westeuropa oftmals noch schärfer sind (z.B. niedrigere NOx-Limits oder früheres Inkrafttreten bei Bestandsanlagen).

Aufgrund Besonderheiten der nationalen Regelungen können teilweise sogar Anlagen < 1 MW betroffen sein (z.B. in Deutschland bei genehmigungsbedürftigen Anlagen)!

In diesem Artikel will ich mich auf Bestandsanlagen konzentrieren, die mit gasförmigen (meist Erdgas) oder flüssigen (meist Heizöl) Brennstoffen befeuert werden, da nach meiner Erfahrung in diesen Fällen gerade kleinere Anlagenbetreiber oftmals noch nicht für die Thematik sensibilisiert sind.

Ich betrachte Anlagen mit Brennern, d.h. ich lasse Motor- und Gasturbinenanlagen außer Acht.

Zudem fokussiere ich mich auf Stickoxide (NOx), da diese oftmals den Knackpunkt darstellen. Emissionen von Kohlenmonoxid (CO), Schwefeldioxid (SO2) oder Staubpartikeln (PM) sind für diese Anlagen meist irrelevant oder zumindest deutlich unkritischer.

Welches sind die NOx-Grenzwerte (EU-Mindestvorgabe!) für Bestandsanlagen und ab wann treten Sie in Kraft?

Grenzwerte in mg/Nm³, bezogen auf 3% Sauerstoffgehalt im Rauchgas:

  • Erdgas und andere gasförmige (z.B. Flüssiggas – LPG): 250 (jedoch 200 für Erdgas > 5 MW!)
  • Brennstoff Heizöl: 200

Inkrafttreten:

  • Ab 01.01.2025 für Anlagen > 5 MW
  • Ab 01.01.2030 für Anlagen bis zu 5 MW

Wie können nationale Verschärfungen bzw. Komplexitäten (teilweise auch unlogisch und rational kaum nachvollziehbar) aussehen?

Dies soll hier am Beispiel Deutschland aufgezeigt werden, wo die „44. Bundesimmissionsschutzverordnung“ (44. BImSchV) die entsprechenden Grenzwerte festlegt:

  • In aller Regel sind auch Anlagen bis zu 5 MW bereits ab 01.01.2025 betroffen! (Bis Ende 2024 gelten für alle Bestandsanlagen die bisherigen Grenzwerte, wie sie in der TA Luft – für genehmigungsbedürftige Anlagen – und in der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen – für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen – festgelegt sind.)
  • Hinsichtlich der Grenzwerte werden i.d.R. zwei Fälle unterschieden:
  1. Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen < 10 MW
  2. Anlagen ab 10 MW und alle genehmigungsbedürftigen Anlagen
  • Im Fall 1 gilt, dass der NOx-Grenzwert für Erd- und Flüssiggas bei Bestandsanlagen zunächst 150 mg/Nm³ beträgt, jedoch befristet bis Ende 2035. Ab 2036 müssen dann wie bei Neuanlagen 100 mg/Nm³ erreicht werden! [In Deutschland wird Flüssiggas genauso streng behandelt wie Erdgas, obwohl bei identischer Technik höhere Emissionen kaum vermeidbar sind.]
  • Im Fall 2 gelten ebenfalls Verschärfungen. So beträgt der NOx-Grenzwert für Erd- oder Flüssiggas bei typischen Thermoölerhitzern (> 210 °C) oder Dampf-/Heißwasserkessel für höhere Drücke (> 18barÜ) genauso 150 mg/Nm³. Bei niedrigeren Temperaturen bzw. Drücken (110 bis 210 °C bzw. 0,5 bis 18 barÜ) sinkt er auf 110 mg/Nm³, dann greift auch für den Brennstoff Heizöl eine Verschärfung auf 170 mg/Nm³. [Eine Befristungsregelung und dann folgende Verschärfung ist im Fall 2 (vorerst?) nicht enthalten.]

Welche Ausnahmeregelungen können greifen?

Zunächst gelten die MCPD und i.d.R. auch die jeweiligen nationalen Umsetzungen nicht für bestimmte Anlagentypen, z.B. direkt rauchgasbeheizte Trockner.

Weiterhin gibt es insbesondere diverse Ausnahmen und Erleichterungen, wenn Anlagen normalerweise mit gasförmigen Brennstoffen betrieben und flüssige Brennstoffe nur begrenzt zum Einsatz kommen, z.B. für eine limitierte Betriebsstundenzahl innerhalb festgelegter Zeiträume oder bei einer Unterbrechung der Gasversorgung.

Dies sollte insbesondere bei Anlagen mit Mehrstoffbrennern geprüft werden [gerade nach Beginn des Ukraine-Kriegs wurden viele Anlagen (wieder) damit ausgerüstet, um Sorgen hinsichtlich einer Gasmangellage zu begegnen]. Oftmals ist eine behördliche Erlaubnis einzuholen!

Wie wahrscheinlich ist es, dass Ihre Bestandsanlage von den neuen Grenzwerten betroffen ist?

Nachfolgend möchten wir grobe Anhaltspunkte dafür geben, welche NOx-Emissionen mit vorhandener Feuerungstechnik nach unserer Erfahrung üblicherweise erreicht werden.

Außer Acht lassen wir dabei moderne Brennertechnik (wie z.B. Weishaupt® 3LN/4LN, Dreizler® ARZ etc.), da diese oft schon mit Blick auf heutige Emissionsanforderungen ausgewählt wurde und nur in seltenen Fällen betroffen sein sollte.

Die angegebenen Spannen beziehen sich auf folgende Randbedingungen:

  • Schlechtester Messwert im Lastfeld
  • Brenner, die an Ness-Thermoölerhitzern montiert sind (großer Flammraum, Vorlauftemperatur üblicherweise 240 – 280 °C)
  • Brenner in gutem Wartungszustand und gut eingestellt

Die Einfärbung des Zahlenwerts zeigt an, wie hoch nach unserer Einschätzung der Handlungsbedarf für angenommene Grenzwerte von 150 mg/Nm³ (Erdgasbetrieb) bzw. 200 mg/Nm³ (Ölbetrieb) bei Bestandsanlagen ist:

  • Grün: Wahrscheinlich kein Handlungsbedarf, bitte trotzdem prüfen
  • Orange: Handlungsbedarf kann gegeben sein, bitte genau prüfen
  • Rot: Mit hoher Sicherheit ist Handlungsbedarf gegeben!

Bitte beachten Sie, dass die obigen Angaben nicht verbindlich sind und v.a. in Ihrem Land auch schärfere Grenzwerte für Bestandsanlagen gelten können. Eine Beschäftigung mit dieser Thematik ist unumgänglich!

Was ist außer dem Abgasemissionen noch zu beachten?

Die Effizienz bzw. der thermische Wirkungsgrad ist angesichts der heutigen Energiepreise und dem Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit ein viel wichtigeres Thema als in der Vergangenheit.

Bisher wurde je nach Anlagengröße, Installationsort und Budget des Käufers teilweise auf effizienzsteigernde Maßnahmen verzichtet. Mittlerweile ist die Thematik jedoch auch bei kleineren Anlagen und in Ländern mit traditionell niedrigen Energiepreisen (z.B. USA) sehr in den Fokus geraten und unsere Kunden stellen in der Mehrzahl der Fälle fest, dass sich mit relativ kleinen Zusatzinvestments erhebliche Einsparungen erzielen lassen.

Zudem sollte unbedingt beachtet werden, dass es auch regulatorische Anforderungen hinsichtlich der Effizienz geben kann! In Deutschland ist dies erneut die 44. BImSchV, welche i.d.R. einen maximalen Abgasverlust von 9% vorgibt. Anders ausgedrückt, muss der thermische Wirkungsgrad dann mindestens 91% betragen! Bei den üblichen Betriebstemperaturen der meisten Thermoölerhitzer ist dies nicht ohne Zusatzmaßnahmen erreichbar.

Wie kann der thermische Wirkungsgrad nun konkret gesteigert werden?

Eine bewährte und v.a. von externen Wärmesenken unabhängige Methode ist die Verbrennungsluftvorwärmung mittels einem sog. Luvo. Dabei wird thermische Leistung aus den Rauchgasen, welche sonst ungenutzt über den Kamin entweichen würde, zur Vorwärmung der Ansaugluft des Brenners genutzt. Die resultierende Brennstoffeinsparung schlägt sich in einer beachtlichen Steigerung des thermischen Wirkungsgrads nieder (typischerweise um ca. 6 Prozentpunkte).

Trotz eines erhöhten Leistungsbedarfs für das Verbrennungsluftgebläse sind sehr kurze Amortisationszeiten erzielbar. Dies lässt sich anhand unseres Amortisationsrechners abschätzen, welcher auf folgender Website zu finden ist: https://www.ness.de/waermerueckgewinnung/

Anhand der obenstehenden Tabelle wird deutlich, dass eine Verbrennungsluftvorwärmung die NOx-Emissionen tendenziell erhöht! Ist sie dann überhaupt eine überlegenswerte Option?

Hierzu ein ganz klares JA, denn das gilt nur für einen vergleichbaren Stand der Technik! Beim Umbau auf hochmoderne Low NOx-Brenner lassen sich die Stickoxidemissionen – trotz der Nachrüstung eines Luvos – oftmals deutlich reduzieren! In vielen Fällen gilt dies sogar, ohne auf Maßnahmen wie eine externe Abgasrückführung, welche den Umbau verkomplizieren würde, zurückgreifen zu müssen.

NESS ist hierfür der richtige Ansprechpartner, denn wir kennen die verfügbare und bereits praxiserprobte Brennertechnik genau!

Und welche Maßnahmen sind alternativ oder zusätzlich möglich?

  • Falls eine (externe) – idealerweise auch ganzjährig vorhandene – Wärmesenke gegeben ist, kann diese ebenfalls berücksichtigt werden. Dies ist z.B. das Einleiten der heißen Rauchgase in einen Trockner (abhängig vom zu trocknenden Produkt und dem Brennstoff) sowie die Wärmeauskopplung in Form von Heiß- oder Warmwasser mittels eines Wärmeübertragers. Abhängig von den jeweiligen Temperaturniveaus und benötigten Wärmeleistungen können diese Maßnahmen sogar zusätzlich zu einer Verbrennungsluftvorwärmung vorgesehen werden!
  • Nachrüstung einer O2-Regelung zur Begrenzung des Restsauerstoffgehalts im Rauchgas. Sie reduziert den Luftüberschuss am Brenner und reduziert so die Menge an heißem Abgas, das bei gleichbleibender Kesselleistung über den Kamin abgeführt wird. Typischerweise wird dadurch der thermische Wirkungsgrad um ca. einen Prozentpunkt gesteigert, zudem werden leichte Schwankungen in der Brennstoffzusammensetzung gut kompensiert.
  • Nachrüstung eines Frequenzumrichters für das Verbrennungsluftgebläse, um dessen elektrischen Energiebedarf zu minimieren. Besonders effektiv ist diese Maßnahme, wenn Erhitzer längere Zeiträume bei Teillast laufen. Dann wird auch der Schallpegel des Gebläses verringert.

Idealerweise sollten die ausgewählten Maßnahmen simultan ausgeführt werden, um das Engineering und den Umbau (mechanisch und elektrisch) möglichst effizient zu gestalten.

Ein solcher Umbau ist zudem oft eine gute Gelegenheit, um veraltete Anlagensteuerungen zu ersetzen (Ersatz von Schützsteuerungen mit Hardwarereglern durch Failsafe-SPS).

NESS ist für all diese Fragestellungen Ihr idealer Ansprechpartner. Zögern Sie nicht uns zu kontaktieren!